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Zu den Ursprüngen schrieb Dr. Wolfgang Knop
im Buch
"Suhl/Thüringen" aus der Blauen Reihe:
"Seit der Mensch zur Abgrenzung seines Lebensraumes, zur Sicherung
seines Lebensunterhaltes, zur Durchsetzung seiner Ansprüche und zur sportlichen
Bestätigung Waffen benutzte, galt sein Streben einer möglichst guten und
zugleich schönen Waffe.
Nicht nur ihre Funktionstüchtigkeit, sondern auch ihre Ästhetik waren
von Anfang an gefragt. [...]
Wer die Gabe dazu hatte, der verzierte selbst seine Speere, Pfeile und
Bögen durch Bemalungen und Verschneidungen. Oder er ließ den Schmuck durch
andere anbringen. [...]
An den späteren Schusswaffen wurden die Metallteile zumeist in Art einer
Gravur und die Holzteile durch Schnitzereien und Intarsien ästhetisch
aufgebessert."
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Natürlich wurden in Suhl Kriegswaffen gefertigt.
Darüber hinaus aber auch Luxuswaffen zur reinen Repräsentation, zur Jagd
und zum sportlichen Gebrauch.
Dazu trugen die einheimischen Kunsthandwerker bei. Sie veredelten die
Waffen zu echten Kunststücken, zu ihren Kunstwerken.
Diese Menschen entwickelten ihren Stil vor allem in Familientradition.
Wir möchten auf diesen Seiten speziell auf die handwerklichen Traditionen
dieser einheimischen Künstler eingehen. Sie entwickelten im Laufe der
Jahrhunderte den "Alt-Suhler Stil".
Die Verzierungen der Waffen zeigen Szenen aus den heimatlichen Wäldern,
in der Natur, bei der Jagd. In den meisten Fällen steht das einheimische
Wild im Fokus.
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In der Suhler Innungsordnung von 1667 wurden allgemeine
Normen, z.B. für die Meisterstücke, festgelegt. So wurde auch vorgeschrieben,
wie ein solches verziert werden sollte. Dazu ein Zitat aus dem Katalog
Suhler Feuerwaffen im 17. und 18. Jahrhundert:
"... im Anschlag soll seyn gestochen, wie
Abraham seinen Sohn Isaac opfern wollte,
und von anschlag durchbrochenen stücke mit gesichtern, und mit feinen
grausen Laubwerks, auf der anderen Seiten am Schloß mit zweyen liegenden
Bildern,
auf den hefften mit durchbrochenen Stücken, Gesichtern, und dann mit grausen
Laubwerk durchaus vornen am Rohr ein langstück,
darauf ein Planet gestochen, auf das fleißigste, das ander Stück soll
seyn [...]
im Anschlag die Erschöpfung Adams und Eva und ihre Übertretung verfasst
mit durchbrochenen Stücken mit gesichtern und mit Laubwerk darzwischen,
auf deren seiten neben dem Schloß liegende Bilder,
auf dem Schubkästlein ein Planet, unten am Schloß drey stück von den freyen
Künsten, und mit grausen Laub durchzogen,
in den helfften mit ausgebrochenen Stücken und durchaus mit grausen Laubwerk,
auf der Schlossschrauben zwey liegende Bilder, und danebst aufs fleißigste
gestochen."
Ein jeder versuchte natürlich, das bis dahin Dagewesene zu überbieten.
So übertrumpfte man sich ständig in neuen künstlerischen Varianten von
prächtigen Gravuren auf Lauf und Schaft.
Eine der größten Auftragsparteien waren die Sächsischen Landesherrschaften.
Diese waren besonders an Suhler Prunkwaffen interessiert und legten sich
reiche Sammlungen an.
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Es bildeten sich bestimmte Gesetzmäßigkeiten in der Tradition der Suhler
Waffenkunst, die über die Innungsordnung hinaus gehen:
- Verzierungen an Metall- und Holzflächen gleichermaßen
- Verzierungen von Gegen- und Kolbenplatten, Lauf und Schaft, Schloß,
Daumenbleche und Knauf
- Motive: Arabesken und Kartuschen als Rahmung (ornamental stilisierte
Schnörkelgebilde und Rollwerk aus Akanthusblättern, Blumen oder Rosetten);
Im Inneren: naturalistische und florale Gebilde.
Das waren anfangs einfache Gesichter und Figuren, später seit der Zeit
des Barock: Jagdszenen oder Jagdzüge mit der Göttin Diana.
Diese Szenen zeigen Jäger, Jagdgöttin, Pferde, Hunde, das zu erjagende
oder schon erlegte Wild inmitten der unterschiedlichen einheimischen Landschaften.
So zum Beispiel: Berge, Wälder, einzelne Bäume, Büsche, Gräser und Wasserläufe.
Später bildete sich die Tradition aus, dass auf der entsprechenden Jagdwaffe
die Tiere abgebildet sind, die auch damit erlegt werden sollten.
Diese Szenen zeigen das jeweilige Wild im dazu passenden Landschaftshintergrund
äsend, verhaltend, fliehend oder im Schuss fallend. Dazwischen Dekorbereiche
mit Blätterzonen, meist Eichen- und Weinlaub, sowie pflanzliches Rankenwerk,
auch Nadelbaumzweige, Rosen und Disteln.
Dazu resümierend gesagt, hat sich im Verlauf der Jahrhunderte die Gravurkunst
und das Schaft verschneiden geändert. Es ist eine natürliche Entwicklung,
die sowohl von den allgemeinen Kunststilen der jeweiligen Zeit, als auch
von der persönlichen Entwicklung der Familienbetriebe getragen wurde.
Die Kunst wurde immer von einer Generation zur nächsten weiter gegeben.
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In den vergangenen Jahrhunderten
schrieben viele Graveur-Familien in Suhl Geschichte.
Ohne extra auf Jahreszahlen und Vornamen einzugehen, zählen zu den Bekanntesten
die Graveurfamilien
Döll, Stockmar, Hörnlein, Pfeuffer, Hoffmann, Klett, Seeber, Spangenberg,
Heym, Kummer, Wolf, Deigfuss, Weihrauch, Kolb, Hegewald, Meinhadt, Pfeuffer,
Fahner, Freund, Hohnbaum, Stoll, Deckert, Schilling.
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So mancher Graveur veredelte nicht nur Waffen, sondern schuf auch als
Medailleur einzigartige Prägestempel für Münzen, Medaillen und Plaketten.
Zu diesen Universalkünstlern zählten angefangen im 18. Jh. die Herren
Döll, Pfeuffer, Steigleder, Stadelmann, Götze, von Nordheim bis Hörnlein
und Freund, die bis Mitte des letzten Jahrhunderts tätig waren.
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